Wohn-Expertin Verena Fritsch studierte Innenarchitektur und ist Projektkoordinatorin und Lehrkraft für besondere Aufgaben im Bereich Innenarchitektur an der Hochschule Coburg. Seit 2007 organisiert sie die Sonderschau PLANwerk auf der Heim+Handwerk: Dort beraten Fritsch und ihre Studierenden die Messebesucher dazu, wie sie das meiste aus ihren Räumen herausholen und ihr Zuhause geplant einrichten. Die Studierenden arbeiten bei der Beratung meist im Tandem aus den Fachrichtungen Architektur und Innenarchitektur.



Heim+Handwerk: Frau Fritsch, Sie bieten auf der Heim + Handwerk mit ihren Studierenden für angemeldete Besucher eine Planungsberatung an. Was kann ich mir darunter vorstellen?

Verena Fritsch: Die Planungsberatung ist das, was vor der Einrichtungsberatung kommt. Wenn ich baue oder umbaue, überlege ich erst: Was will ich erreichen? Was sind meine Bedürfnisse? Was ist das Problem, das ich lösen möchte? Es geht oft um Fragen wie: Wo sind die Strom- und Lichtquellen, wo die Anschlüsse, und wie kann ich damit sinnvoll arbeiten? Und es gibt einfache Dinge, an die viele nicht gleich denken – gehen die Türen in die für mich praktikable Richtung auf?

Mit welchen Anliegen kommen die Messebesucher zu Ihnen?
Viele Leute kommen mit einem groben Plan des Architekten und wünschen sich Unterstützung, weil ihnen die die Vorstellungskraft vom Papier zur Umsetzung fehlt. Eine Frage, die auch oft kommt, ist: Wie baue ich barrierefrei um?

Was sollte man zu einer Beratung mitbringen?
Fotos sind immer gut – da sieht man den persönlichen Stil. Ideal ist ein Plan, am besten ausgedruckt, nicht verzerrt abfotografiert. Ich sollte mir auch überlegen, wie viel Geld und Aufwand ich investieren möchte. Da spielt natürlich eine entscheidende Rolle, ob ich in einer Mietwohnung lebe oder im Eigentum.

So kann die Einrichtungsberatung auf der Messe Heim+Handwerk in München aussehen.
Junge Studierende des Campus Coburg bei der Einrichtungsberatung im PLANwerk auf der Heim+Handwerk.

Reihenhäuser möglichst effizient gestalten

Ein Klassiker ist sicher die Familie, die ins Eigenheim zieht.
Genau. Typische Reihenhäuser sind zum Beispiel fünf bis sechs Meter breit und zehn Meter lang. Da gibt es relativ wenige Möglichkeiten, etwas anzupassen. Oft stellt sich die Frage: Wie gestalten wir den Flurbereich, dass wir da das Zeug von vier Personen unterbringen? Und es gilt, Stil und Funktion zu vereinen. Ein offener Holzboden in der Familienküche ist vielleicht nicht die ideale Wahl. Aber wenn ich mir einen Holzboden wünsche, welche Optionen bieten sich an?

Gibt es Probleme, die sie überraschend schnell lösen können?
Letztes Jahr etwa hatten wir ein Ehepaar mit einem schmalen Reihenmittelhaus. Sie hatten in der Küche ein Platzproblem. Wir haben gesagt: Probieren sie doch mal, den Tisch andersrum hinzustellen und keine Eckbank mehr zu haben. Denn auf der Eckbank saß ohnehin nie jemand. Am nächsten Tag haben sie sich glücklich gemeldet: Es hat funktioniert.
Es gibt manchmal Lösungsansätze, auf die man selbst nicht kommt, weil man in seinen eigenen Denkmustern verhaftet ist.

Aber das Gegenteil passiert sicher auch.
Manchmal muss man sagen: Damit müssen Sie nochmal zum Spezialisten. Wenn jemand zum Beispiel Wände verändern möchte – da muss man oft einen Statiker rechnen lassen. Und für andere Ideen, die zum Beispiel die Fassade verändern, muss man erst mit einem Architekten einen Bauantrag stellen.

Barrierefrei umbauen und die passende Raumfarbe finden

Bei der richtigen Farbauswahl ist das Licht entscheidend.

Welche Räume sind am kompliziertesten zu planen?
Ein Bad altersgerecht umzudenken ist in der kurzen Zeit etwas schwieriger. Da muss ich zum Beispiel wissen wo die Anschlüsse sind, und was ich überhaupt für Möglichkeiten habe: Ich kann nicht überall eine bodengleiche Dusche einbauen. Wie kriege ich es trotzdem barrierearm? Wie kriege ich das in einem kleinen Bad hin, dass eine helfende Person mit agieren kann? Wo kann ich einen Haltegriff oder Hocker positionieren? Komme ich mit Rollstuhl oder Rollator durch die Tür oder muss ich den Durchbruch erweitern, ginge das? Kann ich mich im Bad so drehen, dass ich zur Toilette und zum Waschbecken komme?

Was sind andere beliebte Themen bei der Beratung?
Oft geht es um Raumzusammenhänge, und Räume, in denen Abläufe nicht gut funktionieren: Die Garderobe unserer vierköpfigen Familie zum Beispiel. Und manchmal geht es doch Richtung Möbelplanung: Wenn zum Beispiel eine Ankleide im Schlafzimmer gewünscht ist, und ein Möbelstück als raumtrennendes Element eingeplant wird, um einen Bereich abzuteilen.
Manche Leute fragen auch, in welcher Farbe sie ihre Wand streichen sollen.

Farbberatung machen Sie auch?
Ja, und da schaut man als erstes: Was ist schon an Materialien, an Möbeln da? Was und wie viel an Farbe passt dazu? Da spielen weniger Trends eine Rolle als das, was den Leuten wirklich gefällt. Wir geben immer den Tipp, die Farbe auf einer größeren Fläche auszuprobieren – es ist abhängig von Licht, Untergrund und Umgebung, wie sie wirklich wirkt. Von einer Farbkarte her ist das oft schwer zu beurteilen. Am schwierigsten ist Grau.

Grau?
Es ist der Klassiker, überzeugt mit einem Graubeige nach Hause zu gehen und nach dem Streichen in der eigenen Umgebung dann festzustellen, dass es eher taubenblaugrau wirkt! Allein das Licht macht da so viel aus. Schon ob Tageslicht oder künstliches Licht auf die Wand fällt.

Bei der Einrichtungsberatung werden unterschiedliche Materialien und Oberflächen bedacht.

Planungsberatung: Das richtige Licht

Lichtplanung ist also ein wichtiger Aspekt.
Beleuchtung ist ein großes Thema. Eigentlich braucht man etwa im Wohnzimmer das Deckenlicht überhaupt nicht. Meistens wird dort eine Lampe hingehängt. Die macht zwar ein bisschen hell, aber man kann weder gut lesen noch ist es gemütlich.

Wie muss ich in der Lichtplanung denken?
Licht braucht es erst einmal, damit ich mich im Raum orientieren kann. Dann, um Atmosphäre zu schaffen. Und falls ich etwas Repräsentatives habe, etwa Bilder, kann ich sie mit Licht hervorheben. Um beim Beispiel Wohnzimmer zu bleiben: Da braucht es unterschiedliche Lichtquellen, Lichtrichtungen, vielleicht sogar unterschiedliche Lichtfarben. Und wenn ich neu baue, gibt es natürlich Möglichkeiten, das vorher einzuplanen.

Welche zum Beispiel?
Mit Einbau-Downlights oder Spots, die dann ergänzt werden von einer Standleuchte zum Beispiel. Ein Licht, das ich vielleicht anmache, wenn ich Fernsehen schaue, das mich dabei nicht blendet. Eines, was mir vielleicht am Tisch zum Essen oder beim Spieleabend helles Licht macht.

Wie Räume im Alltag genutzt werden

Wie gehen Sie Schritt für Schritt vor, wenn Sie einen noch leeren Raum planen?
Erst einmal finde ich heraus, was für Anforderungen an den Raum bestehen. Ist es zum Beispiel ein klassischer Wohn-Koch-Essbereich, und wie wird er in dieser Lebensgemeinschaft noch genutzt?

Zur Einrichtungsberatung sollte man auf jeden Fall den Grundriss mitbringen.

An was muss ich dabei denken?
Zu welcher Tageszeit halten sich dort Leute auf und wie nutzen sie den Raum? Machen die Kinder Hausaufgaben am Esstisch? Oder: Schaue ich gerne mal tagsüber fern? Wenn ich den Fernseher gegenüber vom Südfenster platziere, ist das schwierig. Oder ich installiere Jalousien. Ein Klassiker ist es auch, einen großen Esstisch anzuschaffen, an den viele Gäste passen würden – solche Dinner gibt man dann aber nur dreimal im Jahr. Da lohnt es sich nachzudenken, ob ein Auszieh-Tisch-Lösung nicht sinnvoller wäre.

Auf was muss ich noch achten?
Es gibt noch einige Prinzipien, nach denen man schaut: Die meisten Leute wollen eher geschützt sitzen, nicht mit dem Rücken zur Tür, zum Beispiel. Und ist das Fensterbrett im Wohnzimmer vielleicht so hoch, dass ich nur noch Himmel sehe, wenn ich dort auf der Couch sitze? Auch nicht ideal.
Vieles geht nach individuellen Vorlieben und Gewohnheiten. Wie die Couch angeordnet sein soll, wird gerne nebeneinander gesessen oder gegenüber, so etwas. Oftmals werden Dinge einfach hingenommen, weil sie einmal willkürlich im Architektenplan eingezeichnet waren, statt sie für sich selbst anzupassen. Deswegen ist es oft schwieriger, einen Ist-Zustand umzuplanen als mit einem leeren Raum anzufangen.

Heim + Handwerk: Den richtigen Experten finden

Was kommt häufiger vor in der Beratung?
Der ganz, ganz leere Raum kommt eigentlich nie vor. Denn jeder hat zumindest eine Idee davon, wie er wohnen möchte. Oft gibt es einen Plan, und die Eigentümer sind mit einer Stelle nicht ganz glücklich. Das ist zum Beispiel im Bereich von Kinderzimmern so.

Was ist denn daran das Problem?
Dadurch, dass das oft relativ kleine Räume sind, muss man meistens an der Wand entlang möblieren. Mitwachsen soll es am besten auch. Wir haben aber häufig das Problem, dass das Bett auf dem Plan schon in einer ungeschützten Position steht und der Schreibtisch vor dem Fenster, so dass das Kind mit dem Rücken zur Tür sitzt. Für viele Menschen fühlt sich da der Plan nicht stimmig an. Sie können aber nicht so richtig benennen, warum.

Wenn ich nun so ein Gefühl in Bezug auf meinen Plan habe, Ihre Beratung auf der Heim+Handwerk verpasst habe – was wäre eine Alternative?
Online gibt es Plattformen, wo ich meinen Plan einreichen kann und zumindest etwas wie ein Moodboard dazu bekomme. Das kann mir im Übrigen die ein oder andere KI auch weiterhelfen und mich inspirieren. Für bessere Programme, die auch meistens etwas kosten, sollte man sich allerdings auskennen.

Wir empfehlen eine Beratung mit einem oder einer Innenarchitektin, woraus dann eventuell auch ein richtiger Auftrag wird. Bei der Architektenkammer kann ich auch spezielle Ansprechpartner zum Thema altersgerecht Wohnen oder effiziente Gebäudesanierung finden. Unser Vorteil ist: Wir schicken die Leute weiter zu den Anbietern auf der Messe. Die Spezialisten sind alle ums Eck – Schreiner, Küchenhersteller, oder Leute die Fenster, Türen, Wintergärten machen.

Was sind die besten Momente in der Planungsberatung?
Manche Menschen haben wir über die Jahre begleitet, sie bringen Fotos von den fertigen Wohnungen mit. Das ist natürlich schön.

Anmeldungen zur kostenfreien Einrichtungsberatung durch Studierende der Hochschule Coburg auf der Messe Heim+Handwerk 2024 sind ab November unter: www.heim-handwerk.de möglichen.

Fotos: GHM