Nach 16 Jahren als Redakteurin bei Hochglanzmagazinen hat Mirjam Smend genug von ständig wechselnden Modetrends. 2016 hängt ihren Job an den Nagel, gründet das Blogmagazin my-greenstyle.com und setzt sich seither für nachhaltige Mode und Eco-Brands ein, die sie auf der GREENSTYLE, die im Rahmen der Heim+Handwerk stattfindet, präsentiert.

Liebe Mirjam, die GREENSTYLE ist in diesem Jahr erstmals Teil der Heim+Handwerk. Warum liegt dir die Zusammenarbeit mit der Messe am Herzen?

Unsere Mission ist eine positive Veränderung der Textilindustrie. Auch wenn der Wandel aus allen Richtungen kommen muss, setzen wir bei den Konsumentinnen und Konsumenten an – also bei denen, die die Kleidung tragen. Bei unseren Events setzen wir auf Aufklärung und Begeisterung, um ein bewussteres Konsumverhalten herbeizuführen. Je mehr Menschen wir erreichen, desto schneller können wir aus unserer Green Bubble rauswachsen. Jeder neue bewusste Konsument, den wir mit dem Thema nachhaltige Mode erreichen, ist ein wichtiger Multiplikator und trägt das Thema an seine Freunde und bekannten weiter. Das Publikum der Heim+Handwerk scheint uns dafür ideal. Außerdem gilt wie so oft: Zusammen erreicht man immer mehr.

Greenstyle Gründerin Mirjam Smend setzt sich für nachhaltige Mode ein.
GREENSTYLE Gründerin Mirjam Smend

Du hast lange als Moderedakteurin für Hochglanzmagazine gearbeitet, eine Branche, die eher schnelllebig und wenig nachhaltig scheint. Was hat dein Interesse an nachhaltiger Mode geweckt und was hat sich dadurch für dich verändert?

Ich habe mir lange gar keine Gedanken dazu gemacht, unter welchen Bedingungen die Mode produziert wird, die wir in diesen Magazinen gezeigt haben. Ständig wurden neue Trends ausgerufen. Als mir klar wurde, dass die Textilindustrie zu den größten Umweltverschmutzern zählt und Fast Fashion oft unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt wird, habe ich nach Alternativen gesucht – und sie gefunden.

Das ist Mode, die mit Respekt für Mensch, Tier und Natur produziert wird und trotzdem großartig aussieht. Ich habe meinen Redakteursjob gekündigt und angefangen, über nachhaltige Mode und die Menschen dahinter auf meinem Blog zu schreiben. Das Thema hat mich mehr und mehr begeistert und so sind unser Endverbaucherformat GREENSTYLE fair & conference, unsere Kommunikationsagentur und das Fashion Change Magazine PUREVIU entstanden. Wir versuchen alle Kanäle zu nutzen, um das Thema nachhaltige Mode noch größer und bekannter zu machen.

Nachhaltige Mode steht für Qualität statt Quantität

Qualität statt Quantität – das gilt in der Mode wie beim Wohnen. Wer sich nachhaltig einrichten möchte, sollte vor allem Möbel kaufen, die klimafreundlich, aus heimischen Hölzern und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wurden. Eine Orientierungshilfe bieten hier zahlreiche Ökosiegel für nachhaltige Möbel. Woran lässt sich nachhaltige Kleidung erkennen? Auf was sollte man achten?

Auch für die Mode gibt es Siegel und Zertifizierungen. Angefangen beim staatlichen Textilsiegel Grüner Knopf über Oeko-Tex 100 bis hin zum Global Organic Textile Standard (GOTS). Der GOTS wurde entwickelt, um weltweit anerkannte Anforderungen für Bio-Textilien zu definieren. Von der Ernte der Rohstoffe über die umwelt- und sozialverträgliche Herstellung bis hin zur Kennzeichnung bieten GOTS-zertifizierte Textilien eine glaubwürdige Sicherheit für Verbraucherinnen und Verbraucher. Juliane Ziegler, GOTS-Repräsentantin in Deutschland, Österreich und der Schweiz steht während der Heim+Handwerk in der GREENSTYLE Area (HalleA6) für Fragen zur Verfügung. Und gleich noch ein save the date: Von Donnerstag bis Sonntag finden jeweils um 15 Uhr Brand-Gespräche am GOTS-Stand statt.

Jede große Veränderung beginnt mit kleinen Schritten. Wie gelingt der Einstieg in einen nachhaltigen Modekonsum?

Das nachhaltigste Kleidungsstück ist das, das wir schon haben. Man sollte also erstmal in den eigenen Kleiderschrank schauen und alte Sachen kreativ neu kombinieren, bevor man etwas Neues kauft. Braucht bzw. möchte man dennoch etwas Neues kaufen, sollte man Stücke kaufen, die man lange tragen kann, die die vorhandene Garderobe clever ergänzen und die zum eigenen Stil passen. Weniger ist mehr – dafür sollte man die richtigen Teile aussuchen.

Die GREENSTYLE präsentiert einige spannende, nachhaltige Modelabels auf der Heim+Handwerk. Auf wen kann sich das Messepublikum freuen?

In der GREENSTYLE Area zeigen über 25 Slow Fashion Labels viele Facetten der Nachhaltigkeit: regionale und faire Produktion (z.B. Helena Harfst), Re- und Upcycling, Zero Waste (z.B. der 3in1 Coat von Akjumii), soziale Businesses, innovative Materialien und alternative Konsummodelle wie Second Hand. Alle teilnehmenden Marken gibt’s hier. Mein Tipp: Unbedingt vorbeischauen, entdecken, anprobieren und mit den Macherinnen und Machern in den Austausch gehen. Für alle, die nicht vor Ort sein können: In der Trusted Brand Directory auf unserer Website haben wir fast 170 Marken, die nachhaltige Mode produzieren, porträtiert.

Nachhaltige Mode kommt aus dem Handwerk

Wie stehst du, bzw. die nachhaltige Fashion Industrie eigentlich zum Handwerk?

Handwerk ist ein unglaublich wichtiger Teil der Mode. Da kommt sie her. Schneiderhandwerk, Hutmacherinnen, Schmuckdesigner… Mode wurde lange von Hand gemacht bevor die massenhafte (Über-)Produktion das Handwerk weitestgehend verdrängt hat. Viele unserer Brands arbeiten daran, das wieder zu ändern und wahrhaft nachhaltige Mode zu kreieren. Das Handwerk muss hierzulande wiederbelebt werden. Deshalb sind Messen wie die Heim+Handwerk so wichtig.

Was ist für dich die spannendste Geschichte rund um die Heim+Handwerk – was ist dein „happy thought“, wenn du an die Messe Ende November denkst?

Mich begleitet die Heim+Handwerk schon lange dank meiner Mutter, die dort immer wieder als begeisterte Besucherin war. Die Ringe und Armreifen, die sie bei einer Südtiroler Goldschmiedin erworben hat, tragen heute meine Töchter. Mein „happy thought“: Ich freue mich auf all die Menschen, die Lust haben, in Qualität zu investieren und die Geschichten hinter all den inspirierenden Marken zu erfahren.

Warum sollte man aus deiner Sicht die Heim+Handwerk unbedingt besuchen?

Weil unser Zuhause der Mikrokosmos ist, den wir so gestalten können wie wir möchten. Und natürlich, weil man dieses Jahr erstmals nachhaltige Mode auf der XL-GREENSTYLE Area entdecken kann.

Wie hast du dein Zuhause eingerichtet und spielt beim Wohnen Nachhaltigkeit auch eine wichtige Rolle?

Ich glaube nicht, dass es einen Namen für unseren „Wohnstil“ gibt. Ich höre aber immer wieder von Freunden, dass man sich sofort zuhause fühlt. Es ist eine Mischung aus zeitlosen Design-Klassikern mit klaren Linien, ausgefallenen Second Hand Möbeln und regionalen Teilen wie unserem „Butterschrank“. Alles in hellen Naturtönen von Sand bis Salbei plus ganz viel Grau an den Wänden.